HP Psychotherapie & NLP
Wie unsere Vorstellungskraft durch Erfahrung begrenzt wird

„Der Mensch kann sich nur vorstellen, was er schon gesehen oder gehört hat
Wie unsere Vorstellungskraft durch Erfahrung begrenzt wird
„Hast du dir jemals vorgestellt, wie es ist, auf einem anderen Planeten zu leben? Oder wie du fliegen würdest? Was, wenn du noch nie ein Flugzeug gesehen hast?“
Unsere Vorstellungskraft ist ein mächtiges Werkzeug. Sie lässt uns träumen, kreativ sein, und uns Szenarien ausmalen, die weit über das hinausgehen, was wir aktuell erleben. Doch was, wenn unsere Vorstellungskraft in Wahrheit viel stärker durch das begrenzt wird, was wir bereits gesehen, gehört oder erlebt haben? Der Mythos, dass der menschliche Geist alles visualisieren kann, was er sich wünscht, wird in der Wissenschaft oft infrage gestellt.
Was ist Vorstellungskraft?
Vorstellungskraft ist die Fähigkeit, Bilder, Ideen und Szenarien im Geist zu erzeugen, die nicht direkt vor uns sind. Diese Fähigkeit ist essenziell für unsere Kreativität, unsere Problemlösungsfähigkeiten und sogar für unsere Zukunftsplanung. Doch hier kommt der entscheidende Punkt: Unsere Vorstellungskraft funktioniert häufig auf Basis dessen, was wir bereits kennen.
- Kognitive Einschränkungen:
Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Informationen zu verarbeiten und auf das zurückzugreifen, was wir bereits wissen. Wenn du dir vorstellst, wie es wäre, mit einem Flugzeug zu fliegen, dann greift dein Gehirn auf alles zurück, was es über Flugzeuge, Reisen und Flughäfen gelernt hat. Hast du noch nie ein Flugzeug gesehen, fällt es dir wesentlich schwerer, dir diese Erfahrung vorzustellen – es fehlt dir der Kontext. - Erfahrungen und kognitive Schemata:
Alles, was wir erlebt haben, wird in sogenannten kognitiven Schemata gespeichert. Diese mentalen Modelle helfen uns, neue Informationen einzuordnen und zu verstehen, was um uns herum passiert. Sie bestimmen, wie wir die Welt sehen, und beeinflussen unsere Vorstellungskraft. Wenn ein Kind nie einen Hund gesehen hat, wird es Schwierigkeiten haben, sich ein Bild von einem Hund zu machen, auch wenn es die Begriffe „Tier“ oder „Haustier“ kennt.
Warum ist unsere Vorstellungskraft begrenzt?
- Mentale Repräsentationen:
Unsere Gedanken und Vorstellungen basieren immer auf mentalen Repräsentationen von Dingen, die wir bereits erlebt haben. Wenn du noch nie einen Ozean gesehen hast, wirst du Schwierigkeiten haben, dir eine genaue Vorstellung von der Größe oder der Weite des Ozeans zu machen – deine Vorstellung wird auf den Erfahrungen und Bildern beruhen, die du über große Gewässer oder Seen gesammelt hast. - Sprachliche Begrenzung:
Auch die Sprache beeinflusst unsere Fähigkeit, uns Dinge vorzustellen. Das Gehirn benötigt die Worte und Beschreibungen, die wir gelernt haben, um abstrakte Konzepte zu begreifen. Ohne die entsprechenden Begriffe fällt es uns schwer, Ideen in unserem Kopf zu organisieren. Der Linguist Benjamin Lee Whorf beschrieb, wie die Sprache das Denken beeinflusst und wie Menschen mit verschiedenen Sprachen unterschiedliche Welten sehen und sich unterschiedlich vorstellen können.
Begrenzte Vorstellungskraft in der Praxis
Ein klassisches Beispiel für die Begrenzung unserer Vorstellungskraft ist das Thema Zukunftstechnologien. Als die ersten Flugzeuge gebaut wurden, war es für viele Menschen nahezu unvorstellbar, dass sie eines Tages regelmäßig fliegen könnten. Die Technologie, die uns heute erlaubt, mit einem Klick weltweit zu kommunizieren, war zu Zeiten der Erfindung des Telefons ebenfalls kaum vorstellbar.
- Beispiel Flugzeug: Ein Mensch aus dem Jahr 1900 hätte Schwierigkeiten gehabt, sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, in einem Flugzeug zu sitzen, weil er das Konzept von Flugzeugen nur aus wenigen Skizzen und Berichten kannte. Auch heute noch gibt es Menschen, die es schwer finden, sich eine Marslandung oder interplanetare Reisen vorzustellen, obwohl sie wissen, dass die Technologie dafür theoretisch möglich ist.
- Beispiel Künstliche Intelligenz: Künstliche Intelligenz ist ein weiteres Beispiel. Während die meisten von uns in der Lage sind, sich grundlegende Szenarien vorzustellen – wie z. B. Chatbots oder automatische Übersetzungsprogramme – ist es für viele schwierig, die wirklich tiefgreifende und transformative Kraft von KI zu begreifen, weil wir keine umfassenden Erfahrungen damit haben.
Was sagt die Forschung dazu?
Studien in der Kognitionspsychologie und Neurowissenschaften belegen, dass unsere Vorstellungskraft nicht einfach ein „Freifahrt“-Ticket für die Kreation aller Arten von Bildern und Szenarien ist. Vielmehr basiert unsere Kreativität und Vorstellungskraft auf einem kognitiven Fundament, das aus unseren bisherigen Erfahrungen gespeist wird. Forscher wie Kurt Lewin und George Miller haben gezeigt, dass unser Gehirn seine Ressourcen darauf verwendet, aus bereits erlebten Eindrücken neue Kombinationen und Ideen zu schaffen, anstatt völlig unbekannte Konzepte zu generieren.
Ein studie zur mentalen Vorstellungskraft zeigt, dass Menschen oft nur dann realistische Bilder im Kopf haben, wenn sie mit dem Thema bereits vertraut sind. Fremde Objekte oder unbekannte Welten können nur schwer visualisiert werden, da uns das nötige Referenzmaterial fehlt.
Mythos oder Wahrheit?
Wahrheit: Unsere Vorstellungskraft ist in der Tat auf das begrenzt, was wir bereits erfahren haben. Wir können uns nur Dinge vorstellen, die wir in irgendeiner Weise in der Vergangenheit wahrgenommen oder erlebt haben. Selbst die ausgefallensten Ideen und Visionen basieren auf den Bausteinen unserer persönlichen Erfahrungen.
Doch das bedeutet nicht, dass wir in unserer Kreativität eingeschränkt sind. Unsere Vorstellungskraft kann unglaublich innovativ sein, wenn wir bestehende Ideen kombinieren und auf neue Weise nutzen. Sie ist ein Werkzeug, das uns erlaubt, Verbindungen zwischen unseren Erfahrungen herzustellen und so neue, kreative Lösungen zu finden. Aber diese Lösungen sind immer das Resultat von vorhandenen Erfahrungen und Informationen.